Heimatgeschichte Thyrnau-Kellberg
Heimatgeschichte Thyrnau-Kellberg
Hinter dem Amboss der Kellberger Schmied Josef Höber, links dessen Vater Friedrich Höber, ganz links Lehrling Rupert, rechts Geselle Franzl

Das "Kleine Kellberger Schmiedemuseum"

Öffnungszeiten: Das Kleine Kellberger Schmiedemuseum ist täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet, auch an Sonn- und Feiertagen.

Beim Betreten wird durch einen Bewegungsmelder das Licht eingeschaltet.

Das Museum ist eintrittsfrei.

Seit jeher empfand man die Arbeit des Schmiedes als faszinierend, der Schmied war der Inbegriff des Handwerksmeisters, nicht nur in Deutschland.

Der Schmied ist der einzige Handwerker, der seine Werkzeuge selbst herstellt.

Die besondere Qualität von Siegfrieds Schwert „Balmung“ und König Arturs Schwert „Excalibur“ erinnert auch an die Sage des keltisch-germanischen Raumes von „Wieland, dem Schmied“.

Wir verdanken das Kleine Kellberger Schmiedemuseum dem Willen, etwas Erhaltenswertes zu erhalten, der Bereitschaft der Gemeinde Thyrnau, die Kosten der Sanierung zu übernehmen, dem Empfinden der Schmiede-Erbin Rosa Höber, an die nachfolgenden Generationen zu denken und zugleich die Erinnerung an ihren geliebten Vater wachzuhalten.

Der entscheidende Punkt vor der Errichtung des Schmiedemuseums war die Erkenntnis, dass das für Kellberg ortstypische Schmiede-Handwerk an einem Platz gezeigt werden kann, wo es tatsächlich ausgeübt wurde und die Werkzeuge und die Gebrauchsspuren erhalten geblieben sind.

Kellberg und das Eisen

Letztlich geht alles, was die Schmiede in Kellberg betrifft, auf das Eisenerzvorkommen und damit die eisenhaltige Quelle zurück. Der Arzberg (Erzberg) befindet sich von Kellbergs Mitte aus gesehen in östlicher Richtung entlang der rechten Straßenseite in Richtung Klinik Schedel.

Der vorgeschichtliche keltische Eisenabbau ist sichtbar in den Trichter-Schürfgruben im Waldgebiet „Reuth“, östlich der Schedel-Klinik.

Bei abgeernteten Feldern kann man am Arzberg (Erzberg) kleine braune Rinnsale sehen, die in Richtung Klinik am Fuße des Arzbergs zusammenlaufen.

Ottilien-Quelle, im Hintergrund die Ottilien-Kapelle

1839 war das Geburtsjahr der heutigen Kurklinik Schedel. Der Wasserlauf dient heute als Kneipp-Tretbecken. Daneben befindet sich die gefasste sog. Ottilien-Quelle. Ottilie ist die Patronin heilkräftiger Quellen und somit auch die Patronin der eisenhaltigen Quelle am Fuße des Arzbergs. Ihrer wird am 13. Dezember, gedacht.

50 m nördlich der Quelle wurde um 1850 eine kleine Kapelle errichtet, die heutige Ottilien-Kapelle.

Ottilia war die ursprünglich die Patronin der Kellberger Kirche. Erst unter dem Passauer Bischof Altmann wechselte das Patronat auf Blasius. In der Pfarrkirche ist ihr der linke Seitenaltar geweiht, in der Mitte einer Dreier-Frauengruppe steht die 500-jährige Ottilien-Statue.

Am Kurgästehaus-Platz plätschert ein Ottilien-Brunnen.

Die Verarbeitung von Eisenerz bezeugt der heute noch gebräuchliche Ortsname Schmölz an der Erlau.

Kellbergs Eisen wurde donauaufwärts ins 2000-jährige Passau zur Verarbeitung gebracht; die Passauer Schmied-, Messer- und Klingergasse erinnern daran. Die Passauer Wolfsklingen-Schwerter waren im mittelalterlichen Europa gleichwertig den begehrten Damaszener Klingen aus Damaskus in Syrien.

Im Schmiedemuseum wird auf folgende Themen eingegangen, die hier nur angeschnitten sind:

Die Ottilien-Quelle und ihre Patronin, die heilige Ottilie

Der „Eisenherr“ Sankt Leonhard

In Kellberg genießt der Pferdepatron Leonhard eine 500-jährige Verehrung, belegt durch die ursprünglich romanische Leonhardi-Kapelle bei der Pfarrkirche. Der heilige Leonhard wird in Bayern und Österreich auch der Eisenherr genannt. Das kommt daher, dass er wegen seines Einsatzes für Gefangene ursprünglich mit eisernen Fesseln dargestellt wurde, später wegen der eisernen Ketten, die um Leonhardi-Kirchen hingen, dann erst wurden die Ketten zum Attribut für seine Schutzfunktion als Vieh- und speziell als Pferdepatron.

Beim Leohardi-Umritt 1985 wurde Josef Höber, geboren 1892, gestorben am 21. August 1986, der letzte Huf- und Wagenschmied in einer Ehrenkutsche gefahren. Noch 1978 beschlug der 86-jährige die Pferde seiner Freunde Dr. Vogt aus Erlau und Dr. Fischer vom Krankenhaus Passau.

Die Chronik des Schmiedemuseums

Die Geschichte des Schmiedehauses reicht bis zum Jahr 1464 zurück. Das Ortsadelsgeschlecht der Watzmannsdorfer stiftete ein Benefizium, d. h. eine Planstelle für einen Geistlichen und stattete es mit einem Anwesen aus, das an der Stelle des heutigen Wohnhauses St.-Blasius-Str. 2 der Familie Franz und Inge Stöckl stand und an die Schmiedewerkstatt angrenzt. Nach mehreren Besitzerwechseln kam es im Jahre 1893 an den Schmiedegesellen Friedrich Höber, der 1905 die Schmiede (heutiges Schmiedemuseum) erbaute und sich selbstständig machte. Vor dem Schmiedeeingang steht ein alter, 20 m hoher Birnbaum, der schon bei Erbauung der Schmiede eine beachtliche Größe hatte.

Sein Sohn Josef Höber übernahm die Schmiede. Dessen Tochter Rosa Höber, geboren am 26. Mai 1924 und gestorben am 2. Juli 1995, war die Erblasserin, die die Werkstatt an die Gemeinde verpachtete.

Der Ablauf der Schmiedearbeiten

Interessant ist die Höber-Werkstatt deshalb, weil sie nicht nur eine Hufschmiede war, sondern auch eine Wagenschmiede. Es wurde also auch mit einem Wagner zusammengearbeitet. Der Wagner befand sich 200 m südlich davon in der Eggersdorfer Straße 7 und ist heute noch mit dem Hausnamen Wagner bekannt, der Schreibname lautet Bauer. Über dem granitenen Tor ist das Symbol des Wagners zu sehen.

Das Wagner-Haus in Kellberg, Eggersdorfer Straße 7

Die Eggersdorfer Schmieden und andere Schmieden im Umkreis

Schmieden befanden meist an verkehrsgünstigen Lagen, an Straßenkreuzungen wie in Kellberg und auch in Thyrnau. Die Ausbildungsstätte von Josef Höber war an der Eggersdorfer Straße 100 m südlich von der Höber-Schmiede gelegen. Sie war im Besitz der Familie Waldbauer, Hausname Reichert. Auch im Ortsteil Eggersdorf existierte bis vor Kurzem die Schmiede Schachner.

Die Pulvermühle nördlich der Kernmühle am Hörreuther Bach gelegen, in der aber Getreide gemahlen wurde, war um 1600 eine Messerschmiede in der Kellberger Eisen verarbeitet wurde. Noch um 1900 arbeitete dort eine Schmiede und Feilenhauerei, diese Feilenhauerei war eine letzte Form der Kellberger Eisenverarbeitung.

An der Mündung der Erlau lag linksseitig eine Hammerschmiede, der Hinterhammer; hier wurde Kellberger Eisen mit Wasserkraft geschmiedet. Am Grießenbach in Obernzell arbeitete ebenfalls eine Hammerschmiede, die Blössl-Schmiede, in der Kellberger Eisen bearbeitet wurde.

Die Genealogie der Schmiedefamilie Höber

Die Herkunft der Familie und die eisenverarbeitenden Berufe der einzelnen Personen werden aufgezeigt, sowie deren Ehepartner.

Rosa Höber, ihr Vater Josef Höber und ihr Bruder Fritz

Rosa Höber erzählte dem Verfasser. „Nach Schulschluss wartete meist schon mein Vater auf mich, damit ich ihm beim Aufheben der Pferdehufe zum Beschlagen helfen konnte, was an sich eine Aufgabe der Rossknechte gewesen wäre, die die Pferde zum Beschlagen brachten. Die aber saßen meist im gegenüberliegenden Wirtshaus Stadler, bis mein Vater sie rief, wenn er fertig war. Aber ich hab meinem Vater gerne geholfen, ich war ein kräftiges Mädchen.“

Und als ich die Frage nach der geplanten Nachfolge stellte, wurden die Augen von Rosa feucht. Rosa hatte einen etwas älteren Bruder, den Fritz. Friedrich hieß er, wie sein Großvater. Als im Dritten Reich 1944 für ihn die Zeit des Einberufungsbefehls kam, beantragte der Schmied für seinen Sohn gegen dessen Willen beim Bürgermeister, der zugleich NS-Ortsgruppenleiter war, und beim Kreisleiter, heute würde man sagen Landrat, zweimal hintereinander eine Zurückstellung, da er seinen Sohn zur Herstellung von Werkzeugen für die kriegswichtige Landwirtschaft benötigte. Zweimal wurde Fritz zurückgestellt. Fritz sah, dass seine Kameraden alle einberufen wurden, und er wollte nicht zurückstehen. Dann ging Fritz selber zum Bürgermeister und beantragte seine Einberufung zur Wehrmacht. So wurde er mit 18 Jahren einberufen. Ein halbes Jahr später fiel er.

Als der Schmied Josef Höber nach Erhalt der Todesnachricht seines Sohnes Fritz voller Verzweiflung zum Bürgermeister lief, sagte dieser: „Höber, ich hab Opfer bringen müssen, mir sind zwei Söhne gefallen, (Hermann und Walter Rosenhammer) und du musst auch Opfer bringen.“

21. April 1998 Eröffnung des Kleinen Kellberger Schmiedemuseums

Aufnahmen: Familie Höber, Herbert Wagner, Christel Schätzl