Das erfüllte Leben des Urban Schätzl,
ein Thyrnauer Hofmarksherr des 16. und 17. Jahrhunderts
Das Bild im Ostaufgang des Rathauses Thyrnau ist die Kopie eines Kupferstichs von Lukas Kilian, Augsburg, aus dem Jahr 1614. Es zeigt über einer ovalen Umschriftung Urbans Leitspruch AUXILIUM DEI NOBISCUM (Gottes Hilfe sei mit uns). Der Umschrifttext lautet: URBANUS SCHÄTZL IN HORMENSPERG WAZMANSTORF ET THVRNEN. SER. ARCHIDUX AUSTRIA. LEOPOLDI CVBICVLARIUS. CONSILIARET PRAEF. DOMIN. LEOPRECHTING. (Urban Schätzl in Hörmannsberg Watzmannsdorf und Thyrnau, des Durchlauchtigsten Erzherzogs von Österreich Leopold Kämmerer, Rat und Pfleger der Herrschaft Leoprechting). Das Bildnis zeigt Urban im Alter von 53 Jahren zur Zeit seines Antritts als fürstbischöflicher Kämmerer im Jahre 1614.
Er wurde Ende 1561 geboren, war für die Stadt Passau und für Thyrnau von geschichtlicher Bedeutung und er hat es verdient, dass man sich seiner erinnert. Er war der Sohn des fürstlichen, passauischen Rates und Anwalts Benedikt Schätzl. Seine Mutter Anna Schätzl war eine geborene Schwarzendorfer, aus der Straubinger Gegend stammend. Urban von Trennbach war seit 1561 Bischof von Passau und als Huldigung an seinen Fürsten nannte Benedikt II. den Sohn, der in der Regierungszeit des neuen Bischofs geboren wurde, Urban. Eine Patenschaft des Bischofs ist nicht ausgeschlossen. Dass in der Patenschaft oder wenigstens in der Namensgebung nach dem regierenden Fürsten Methode lag, das zeigt die Tatsache, dass auch Urban zur Zeit des Bischofs Leopold einen Sohn nach dem regierenden Fürstbischof und seinem Vater Leopold Benedikt nannte.
Das erste bedeutende Ereignis im Leben des neunjährigen Urban muss der Tod seines Vaters im Jahre 1571 gewesen sein. Von nun an galt er als das zukünftige Familienoberhaupt, ein älterer Bruder war schon in der Kindheit verstorben. So übernahm seine Mutter bis zum Ende der Studien Urbans die Bewirtschaftung der von seinem Vater ererbten Güter Hörmannsberg (bei Tiefenbach) und Thyrnau-Watzmannsdorf.
Urban Schätzl hatte 13 Geschwister. Er ging wie sein Vater juristischen Studien in Ingolstadt nach, da seine spätere Laufbahn diese Ausbildung voraussetzte. Immatrikuliert wurde er als „nobilis Paßauiensis“ am 28.10.1585, also 24-jährig, als „ledig, aber vogtbaren (volljährig) Standes“. Er studierte Rechtswissenschaften.
Bei seiner Volljährigkeit erhielt er von Fürstbischof Urban von Trennbach das Braurecht für seinen Hauptwohnsitz Thyrnau. Das seinem Vater von Fürstbischof Wolfgang von Salm (1541-1555) verliehene Braurecht für Passau wurde 1582 durch ein Braurecht in Thyrnau ersetzt.
Beim Antritt seiner Pflegschaft der Herrschaft Leoprechting stiftete er 1600 eine Brunnenanlage in Hutthurm, dem Zentralort der Herrschaft Leoprechting (eine Art Landkreis). Eine Inschrift an der heute ins Zentrum verlegten Brunnenanlage lautet: V. SH. F. 3. K. und wird gedeutet: Urban Schätzl fecit am Tag bzw. zu Ehren der Heiligen Drei Könige. Somit wäre ein Zusammenhang der Herrschaft Leoprechting und Urban Schätzl sichtbar, deren Pfleger (eine Art Landrat) er war.
Urban hatte einen Bruder namens Julius Benedikt, der 1598 im Krieg gegen die Türken bei einem Sturm auf Ofen, heute Budapest, fiel. Zur Erinnerung an den Tod seines geliebten Bruders ließ er in der Kellberger Pfarrkirche rechts im Chorraum einen Gedenkstein anbringen mit halbfigürlicher Darstellung seines vor einem Kreuz knienden Bruders in zeitgenössischer Rüstung. Auf der rechten Seite des Kreuzes kniet seine 1595 ledig in Vohburg an der Donau verstorbene Schwester Kunigunde. Auszugsweise lautet die Inschrift: „Urban Schätzl hat diese Figur hierher setzen lassen zu gedechtnuss seines Lieben Herrn Brüeder Julius Benedicts Schätzls von und Zue Hörmansperg auf Watzmanstorff und Thürnen selligen Wellicher in Ungarn Anno 1598 in dem grossen sturmb vor Offen geschossen und verwundet. baldthernach sein leben geendet nach Wien gefirth und daselbsten in der Thumbkhürchen in der Abseiten des Chors vor des hochwürdigen Sacraments Heils begraben worden.
Gleichfalls zu Gedechtnus seiner lieben Freyle Schwesster Freyle Künegundt Schätzlin von Hörmansperg. welche Im Junkfrawstandt den 27. Jannuary A. 1.5.9.5. des zeillichen Todts verstorben vnd zu Voburg an der Thonna in der Marckht Khirchen daselbsten begraben ligt. Der Allmechtige Gott woll inen und üns allen ein Freliche auferstechung verleihen. Amen.“
Nach 29-jähriger Witwenschaft starb 1600 Urbans Mutter Anna Schwarzendorfer, die Fürstbischof Urban von Trennbach in einem Schreiben nannte: „… unsere tugentsamb, liebe, gethreue Anna Schätzlin“. In diesen Jahren der Trauer entstand die Freundschaft mit dem Passauer Dompropst Christoph von Pötting, der nach dem Tod Trennbachs Administrator der Diözese für den noch minderjährigen Fürstbischof Erzherzog Leopold wurde. Für die Kirche Sankt Christoph, in der Hofmark Thyrnau seines Freundes Urban Schätzl gelegen, stiftete er ein künstlerisch bedeutendes Renaissance-Altarbild von einem unbekannten Meister. Auf einer dazugehörigen Predella in der Christopheruskirche ist dieser Pötting dargestellt, das Schweißtuch Christi anbetend.
Als Urban Schätzl heiratete, war er mit 40 Jahren nicht mehr der Jüngste. Da er sofort nach dem Tod seiner Mutter heiratete, scheint es naheliegend, dass sie, die bisher das Regiment führte, der Hinderungsgrund einer früheren Heirat war. Seine Frau, die er auf sein Thyrnauer Gut holte, war Anna Maria Riederer von Paar, aus einer schwäbischen Familie stammend. Vier Jahre später verstarb sie am 26. März 1604. Naheliegend ist, dass sie im Kindbett starb. Es war einer der damals üblichen Schicksalsschläge, die auch vermögende Leute nicht verschonten. Kurze Jahre des Eheglücks also, nachdem schon vor seiner Heirat 1595 seine Schwester Kunigunde, 1596 seine Schwester Margareth, 1598 sein Bruder Julius Benedikt, 1600 sein Bruder Wolfgang Adam und ebenfalls 1600 seine Mutter gestorben waren. Nun war er nach dem Tod seiner Frau wieder allein. Von den ursprünglich 13 Geschwistern lebten noch drei. Er selbst hatte zwei Kleinkinder aus seiner Ehe, die so schnell wie möglich eine Mutter brauchten. Auf Vermittlung seines Freundes, des Statthalters Christoph von Pötting, heiratete Urban Schätzl ein zweites Mal, und zwar die Cousine Pöttings, Maria Isabella von Pötting und Persing, + am 17. Juni 1623, die Tante des späteren Passauer Fürstbischofs Sebastian von Pötting.
Ein neuer Anfang war gemacht. Seine Hofmark Thyrnau hatte in der Person seiner zweiten Frau Maria Isabella wieder eine Wirtschafterin. Seine berufliche Arbeit ließ wenig Zeit für die Verwaltung der Güter. Urban war inzwischen 1614 Kämmerer des Hochstifts geworden, also verantwortlicher Beamter der Finanzen des Fürstbistums, Rat des Fürstbischofs, d. h. Mitglied des Regierungsapparates und Pfleger der Herrschaft Leoprechting. Die Ausübung dieser Tätigkeiten war gleichbedeutend mit einem ständigen Hin und Her zwischen seinem Hauptwohnsitz Thyrnau, seiner Stadtwohnung in Passau und dem Pflegamt Leoprechting. Der bescheidene Landsitz Hörmannsberg wird der Erholung für ihn und seiner Familie gedient haben. Die direkte finanzielle Entlohnung für Beamte seiner Art war zu damaliger Zeit mehr als dürftig. Die eigentliche Entlohnung bestand in der Verleihung von Landgütern, Beteiligung an staatlichen Einnahmen wie z. B. Gerichtsgebühren, Grundsteuern und Zehenten aus Grundbesitz und sonstigen Privilegien wie z. B. dem Fischereiprivileg für bestimmte Gewässer.
Urban Schätzl besaß ein solches Fischereirecht, das ihm noch von Bischof Urban von Trennbach kurz vor dessen Tod verliehen worden war, und das zu bestätigen sich Urban Schätzl beeilte in einem Schreiben an das Landgericht der Abtei (Niedernburg) vom 5. Februar 1599, also nach Trennbachs Tod. Dieser „Revers“ ist eine schriftliche Erklärung rechtlichen Inhalts. Er sagt aus, dass Urban das Fischereirecht auf folgenden Bächen besitzt:
„Als erstlichen ein Pach der Hundtspach genannt, so seinen Anfang in meinem fast obbekhundeten Schäzls weyer … bis an der Räspacher gründt, daselbsten er dann seinen Namen verlurt, und der Raßpach genannt würdt.“
Es folgt der Satzbach, er wird beschrieben von der Quelle bis zur Donaumündung. Für die Nutzung der Gewässer hatte er Fischer angestellt. Die Gebühr für das Fischereiprivileg betrug jährlich einen Gulden.
Aus der Zeit um 1614 besitzen wir, wie breits erwähnt, ein Porträt von Urban Schätzl. Es ist von lebendiger Ausdruckskraft. Dem Betrachter fallen zwei stechende Augen auf. Über Porträt steht der Wahlspruch des Dargestellten: „Gottes Hilfe sei mit uns.“ Da man annehmen kann, dass ein Wahlspruch überlegt formuliert wird und ein Lebensprogramm in Kurzfassung sein soll, wäre die Aussage so zu verstehen: Der Mann, der sich diesen Wahlspruch über sein Bildnis schreiben ließ, wusste aus seiner Lebenserfahrung, dass alle Mühe in Bezug auf jegliche Unternehmung vergeblich ist, wenn nicht der Segen Gottes dazu wirkt. Das Wort „nobiscum“ (mit uns) ist zu verstehen im Hinblick auf seine Familie. Urban Schätzl wollte sich verstanden wissen als ein Mensch, der sich und seine Familie im Vertrauen auf Gott vorwärts bringen wollte. Es sollte sich zeigen, dass es ihm gelang, nach seinem Wahlspruch zu leben und seine Vorstellungen zu realisieren.
Als gläubiger Mensch der damaligen Zeit verstand er es als seine Pflicht, karitativ tätig zu sein. So war er Mitglied der Salzfertiger (Kaufleute) der heutigen Lamplbruder-Gesellschaft, einer Vereinigung zur Unterstützung Bedürftiger schlechthin. Besonders fühlte er sich seiner Heimatgemeinde verpflichtet. Er finanzierte den Bau des Altenheimes in Thyrnau, das heute noch besteht, wenn auch durch einen Bau des Jahres 1844 ersetzt. Er gründete eine Stiftung, die es ermöglichte, dass sechs Gemeindebürger auf Lebenszeit in diesem Heim Aufnahme und Versorgung finden konnten. Bei der Aufnahme einer bedürftigen Person behielt er sich ein Mitspracherecht vor. Zum Einstand wurde ein lederner Löscheimer gefordert. Für die Hofmark Thyrnau war dieses Spital eine zur damaligen Zeit nicht selbstverständliche soziale Einrichtung. Die in der Nähe des Altenheimes gelegene Christopheruskirche schmückte er aus; sie gehörte zu seiner Hofmark, und er besaß über sie die sogenannte „Jurisdiktion“, den Kirchenschutz. Zu Ehren seiner Familie ließ er die beiden Längsseiten der Innenwände und den Chor mit großen Wappen der verstorbenen Familienmitglieder ausmalen. Über den Wappen standen die Namen der betreffenden Personen auf einem Schriftband und unter den Wappen deren Geburts- und Sterbedaten.
Beginnen ließ er die Ahnendarstellung mit den Wappen seines Großvaters Benedikt I. und seiner Großmutter Apollonia Schätzl, einer geborenen Rottaler. Vorbild in dieser Art der Darstellung war ihm Bischof Trennbach, der, wie heute noch zu sehen ist, in seiner Grabkapelle im Domkreuzgang eine ganze Wand bis zur Decke mit den Namen seiner Vorfahren beschreiben ließ. Was die Wandmalereien in Sankt Christoph betrifft, so konnten trotz aller Bemühungen des Thyrnauer Pfarrers Valentin Horner bei der Freilegung nur Ausschnitte der früheren Bemalung gerettet werden.
Neben der Altenheimstiftung war die Erbauung der Lorettokapelle sein bedeutendstes Geschenk an Thyrnau. Der Bau war 1622 fertig. Der heutige Turm, der eine gute Nachempfindung des Barockstils darstellt, wurde 1894 anstelle eines kleinen Holztürmchens errichtet. Nach dem Erwerb der Herrschaft Thyrnau im Jahre 1692 durch Fürstbischof Johann Philipp Reichsgraf von Lamberg, ab 1700 Kardinal, ließ dieser seinen Namen auf die Türstürze dieser Kirche meißeln, und zwar wohlbedacht nur seinen Namen und seine Titel; er gab sich nicht als Erneuerer der Lorettokapelle aus, der er war, sondern er erweckte damit den Eindruck, er sei der Erbauer dieses Gotteshauses, ohne es zu behaupten. Die mit Eisenblech beschlagenen Außentüren und die steinernen Türfassungen stammen noch aus der Zeit der Erbauung durch Urban Schätzl. Die ursprünglich besonders schöne und seltene Fassadenbemalung stammt aus der Lambergzeit. Der Grund der Stiftung der Lorettokirche ist darin zu suchen, dass Urban Schätzl seiner Hofmark mit diesem Bau Bedeutung beimessen und im Sinne der Gegenreformation das religiöse Leben in Thyrnau und Umgebung durch die marianische Verehrung beleben wollte. Eine Wallfahrtstradition bestand ja schon bei Sankt Christoph, diese Tradition ging nun auf Loretto über. Neben der Vorsorge für das Seelenheil des Stifters mag auch der wirtschaftliche Nebeneffekt einer Wallfahrt nicht verkannt werden, man denke nur an die Bedeutung für die hofmarkseigene Brauerei.
Das gesellschaftliche Ansehen Urbans wuchs. Er stand beim Domkapitel in der gleichen Gunst wie beim Landesherrn. Um 1620 wurde er Gesandter des Fürstbistums Passau beim Immerwährenden Reichstag in Regensburg, wobei ihn der Hofsekretär Georg Mayr begleitete. Seit 1612 trug sich Fürstbischof Leopold, Erzherzog von Österreich mit dem Gedanken, in Passau aus seinem Privateigentum ein Jesuitenkolleg an der Innseite zu errichten, das alles in einem sein sollte, Gymnasium, Diözesanhochschule, Hoftheater. Als mit dem Bau begonnen wurde, ernannte Fürstbischof Leopold Urban Schätzl zum Kommissar, also zu seinem Beauftragten in der Angelegenheit dieses bedeutenden Bauvorhabens. Es war eine Aufgabe, die in Abwägung von Nutzen, Finanzierung und wirtschaftlichen Folgen für Domkapitel und Landesherrn großes Fingerspitzengefühl verlangte.
Bei der Frage nach der Stadtwohnung Urban Schätzls in Passau gibt es einige wertvolle Hinweise. Im sogenannten Fundationsbrief für das Kolleg von 1615 wurde festgelegt, welche Grundstücksfläche für den Bau der Jesuiten vorgesehen ist, bzw. welche Anwesen innerhalb des beschriebenen Baugeländes zum Abbruch bestimmt sind. Am Schluss dieser Passage heißt es dann: „Was hinter diesen Häusern liegt bis zum Inn, einschließlich des Schätzlgartens, ist für diesen Bau bestimmt und zugeeignet.“ Wo der Garten lag, ist auch das dazugehörige Haus zu suchen. Aus der Formulierung: „… bis zum Inn, einschließlich des Schätzlgartens ...“ ist zweierlei zu entnehmen. Erstens: das Haus ist in Innnähe zu suchen und zweitens: es hatte innerhalb des vorgesehenen Baugeländes eine Randlage. Somit ist das Haus der Familie Urban Schätzls in der Südwestecke des Jesuitengeländes zu suchen. Für die Südwestecke spricht, dass in der dortigen Gegend das sog. „Schätzl-Türl“ zum Inn führte und dass der Schätzl-Garten an der Westgrenze des Jesuitengrundes erwähnt wird.
In diesem Viertel der Stadt wuchs Urban wie schon sein Vater und sein Großvater auf. Ein paar Häuser weiter östlich, in der Michaeligasse 122 (nach der Nummerierung des 19. Jahrhunderts) wohnten die Schwarzendorfer, seine Mutter war eine Schwarzendorfer. Auf dem Terrain, das für das Jesuitenkolleg benötigt wurde, stand eine kleine Kirche, Sankt Michael. Der Erzengel Michael war der Familienpatron der Schätzl. Noch bevor aber anstelle der abgetragene Sankt-Michaels-Kirche die heutige Michaelskirche an der Schustergasse erbaut wurde, hielt Urban Schätzl die Verehrung des Erzengels Michael wach durch die Stiftung einer Sankt-Michaels-Kapelle im Domkreuzgang mit Grabstätte.
Obwohl die Kapelle nicht mehr existiert, kann man auch heute noch die Umrisse der Kapelle als leichte Bodenerhebung im Domhof erkennen. Sie lag etwa 14 m von der Ostseite des Kreuzganggevierts entfernt, angebaut an die Dom-Nordseite, hatte eine Breite von ca. 5 m und eine Länge von ca. 6 bis 9 m. Am 27. September 1609 wurde der Altar von Weihbischof Johannes Prenner zu Ehren des Erzengels und aller anderen heiligen Engel geweiht. Urban Schätzl verfügte - wie heute noch auf seinem Grabstein, der sich nun in der Christopheruskirche in Thyrnau befindet, zu lesen ist - dass er die Kapelle für sich und seine Familie als Begräbnisstätte dienen und dass an jedem Freitag der verstorbenen Familienmitglieder mit einem Messopfer gedacht werden sollte.
Hinter all diesen karitativen und kirchlichen Stiftungen musste natürlich ein bedeutendes Vermögen stehen. Dass dem so war, wird deutlich, wenn man vom Streit des Urban Schätzl mit dem Passauer Patrizier Eberhard Süntzl um ein Holzrecht in Weideneck bei Tiefenbach hört. Die Räte des Bischofs Leopold entschieden durch Schiedsspruch, dass Urban Schätzl auf alle Rechte verzichten solle gegen eine Ablösung von 1800 Gulden.
Aber in diese gesellschaftlichen und beruflichen Erfolge drangen immer wieder Leid und Trauer. Seine zweite Frau starb 1623. Von seinen 10 Kindern starben 8 in ihrer Kindheit. 1625 wütete die Pest in seiner Hofmark Thyrnau. War sie schuld am Sterben seiner Kinder? Nur die Namen dieser Kleinen sind bekannt: Wolf-Willibald, Julia-Anna, Maria-Elisabeth (ihr Grabstein ist in der Kirche zu Hutthurm), Katharina, Willibald, Anna-Regina, Viktor-August und nochmals Anna-Regina (man verwendete damals den Namen eines verstorbenen Kindes manchmal wieder).
Der Höhepunkt seines Lebens war der 23. Juni 1624 in Wien. An diesem Tag wurde er in Würdigung seiner menschen- und kirchenfreundlichen Dienste für das Fürstentum Passau in den Reichsfreiherrenstand des Heiligen Römischen Reiches erhoben. Sichtbares Zeichen ist das Totenschild in der Kellberger Pfarrkirche im Chorraum rechts. Da sich Urban als ranghohes Mitglied des fürstbischöflichen Hofstaates in seiner von ihm gestifteten Kapelle im Domkreuzgang beerdigen lassen musste und nicht in der Pfarrkirche seiner Hofmark, war die Anbringung eines Totenschildes der Ausgleich.
Die Hofmarksfamilie nahm bei den Gottesdienstbesuchen gegenüber dem Totenschild und den anderen Gedächtnisinschriften der Familie ihren Platz ein.
Das hölzerne, runde, viergeteilte Allianzwappen in den Farben Schwarz-Gold ist von einem Lorbeerkranz umschlossen und trägt die Inschrift:
„Urban Schätzl von und zu Hörmansperg auf Watzmanstorff und Thürnau – Freyherr der Röm.(isch) khais.(erlichen) Mayest.(tät) und hochfürst.(lichen) Durcht.(lauchtigsten) Erzherzog Leopoldi zu Österreich Kämmerer dann der hochfürstl.(lichen) Durchl.(aucht) Erzherzog Leopoldi Wilhelm Rath und Pfleger der Herrschaft Leoprechting.“
Am 4. Oktober 1638 war das Leben des Urban Schätzl zu Ende. Der Eintrag im Totenbuch der Dompfarrei Passau lautet: „1638 8.10. der Tag der Beerdigung, Sterbetag war der 4. Oktober. D. Urban Schazel, Praefectus Serenissimi in Leoprechting.“ Übersetzt: Herr Urban Schätzl, seiner Gnaden (des Erzherzogs Leopold Wilhelms) Pfleger in Leoprechting.
Er musste in den letzten Jahren einsam gewesen sein. Seine zwei Frauen waren ihm vorausgegangen, alle seine 13 Geschwister hatte er überlebt, zwei seiner Enkel waren schon gestorben. Man kann ihn sich vorstellen, wie er, der Berater dreier Fürstbischöfe, aus dem Nordportal des Domes kommend nach dem Sonntagsamt auf seine Grabkapelle an der Nordseite des Domkreuzganges zugeht, um dort zu beten um einen milden Tod, der ihn nicht mehr schrecken konnte. Urban Schätzl wurde 77 Jahre alt.
Q u e l l e n
Urbar oder Stüfft Buch des Landgrichts der Abbtey de Anno 1616
Handschriftliche Angaben zu Urban Schätzls Grabmaltext
Grabdenkmäler in der Christopheruskirche in Thyrnau
L i t e r a t u r
Die Deutschen Inschriften - Stadt Passau
Die Schätzl - Thyrnaus Hofmarksherren
Internet: Roots Web´s WorldConnect Project: Süddeutsche Patrizier
Internet: http://de.rodovid.org/
Kupferstich von Lukas Kilian, Augsburg 1614, Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
Weiss Rudolf, Der Hofrat der Fürstbischöfe von Passau im 16. Jahrhundert
Verhandlungen des historischen Vereins für Niederbayern Band VII